TEXT Anja Rubin - BILDER einsplus - 23. Juni 2020
Es passiert nicht nur in den Städten, dass an der Energiezukunft gebaut wird. Nein, auch an den idyllischsten Lagen auf dem Land entstehen derzeit landauf landab Wohnbauten, die den Weg in die Zukunft eingeschlagen haben. Am Ortsrand von Appenzell, mit bezauberndem Blick auf Berge und ins Grüne, sind inmitten einer Parkanlage mit altem Baumbestand eben zwei Mehrfamilienhäuser fertig geworden, die mit den neusten Technologien ausgestattet sind. Die Wärme beziehen die 14 Wohnungen über ein Contracting aus dem örtlichen Wärmeverbund. Im Keller steht eine komplette Ladeinfrastruktur für 30 Elektrofahrzeuge zur Verfügung, die von EKZ mittels Contracting bereitgestellt wird. Und den Strom produziert die Liegenschaft zu einem wesentlichen Teil selber: Die Solaranlage (ebenfalls EKZ Contracting) auf den beiden Dächern mit einer Leistung von 29 kWp liefert bei Sonnenschein bis zu 65 Prozent des benötigten Stroms. Um den produzierten Strom möglichst über den ganzen Tag verfügbar zu machen und somit das Maximum aus der Eigenproduktion herauszuholen, speichert eine Batterie den Strom. Dadurch kann die Energie genau dann genutzt werden, wenn sie gebraucht wird. Selbst wenn die Sonne nicht scheint. «Eine Batterie rechnet sich bei Neubauten je nach Situation schon heute», erklärt Michael Jastrob, Geschäftsführer der Enpuls AG. «Je nach Region und Modell des Energieversorgers sieht die Rechnung aber anders aus.»
Minergie und Energiestrategie als neue Herausforderungen
Die Enpuls AG bietet für Liegenschaftsverwaltungen Abrechnungslösungen für Strom, Wasser und Wärme, sie berät aber auch Immobilienbesitzer, Architekten und Fachplaner in Bezug auf erneuerbare Energien, Energieeffizienz, intelligentes Datenmanagement und Elektromobilität. Denn gerade für Elektroplaner bergen die neuen Technologien einige Herausforderungen in der Planung und Umsetzung. «Heute verlangt die Bauherrschaft ihre Liegenschaft im Minergie-Standard. Doch was bedeutet das für den Elektroplaner?», führt Jastrob aus. Wie muss das Anschluss-Schema ausgelegt sein? Was muss bei den Elektroinstallationen bedacht werden, wenn eine Überbauung als Zusammenschluss zum Eigenverbrauch konzipiert wird? Wie können sich Elektroinstallateure wappnen, wenn sie die Bauherrschaft in Bezug auf eine Speicherlösung beraten möchten? «Denn je nach Grösse der Batterie muss der Technikraum anders gestaltet und unter Umständen mit einer Lüftung ausgestattet werden», gibt Jastrob zu bedenken. Das tangiere dann auch den HLKS-Planer.
«Eine Batterie rechnet sich bei Neubauten je nach Situation schon heute.»
Die beiden Gebäude in Appenzell beispielsweise verfügen über einen Technikraum in dem auch eine Batterie (10 kWh) verbaut ist. Ziel der Batterie ist es, den Eigenverbrauch der Liegenschaft zu maximieren, das heisst den Strom beispielsweise über Nacht zum Laden der Elektroautos zu nutzen. «Das verlangt nach einer grösseren Leistung der Batterie», erklärt Jastrob. Je nach Verteilgebiet macht die Nutzung einer Speicherlösung aber schon für das so genannte Peakshaving Sinn. Dabei geht es darum, Leistungsspitzen zu glätten. Denn die Netznutzungsabgaben, die den grössten Teil der Stromkosten ausmachen, bemessen sich unter anderem an der höchsten bezogenen Leistung eines Monats. Schafft man es – beispielsweise durch den kurzzeitigen Bezug von Strom aus einer Batterie –, diese Leistungsspitzen abzuflachen, spart man Geld. Je nach Tarifmodell des Verteilnetzbetreibers ist die Wirtschaftlichkeit für eine solche Batterie eher gegeben. «Das muss aber tatsächlich von Fall zu Fall berechnet werden», sagt Jastrob. Vielfach mache es auch Sinn, eine Installation für einen späteren Zeitpunkt vorzubereiten. Denn: «Wir sind überzeugt davon, dass sich Batterien in naher Zukunft auch finanziell lohnen werden.»